Ein Bad, das heute noch normal wirkt, kann morgen zur Gefahr werden. Wenn die Knie nicht mehr so gut funktionieren, die Sehkraft nachlässt oder der Gang unsicher wird, wird das Badezimmer zur größten Herausforderung im Haus. Doch ein barrierefreies Badezimmer ist nicht nur für Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf nötig. Es ist eine kluge Investition für jedes Alter. Die meisten Menschen, die heute ein altersgerechtes Bad planen, sind noch vollständig selbstständig - und bauen vorbeugend um. Denn wer erst dann handelt, wenn es kracht, hat oft nicht mehr die Wahl.
Ein barrierefreies Bad folgt einer klaren Norm: DIN 18040-2. Diese Norm, zuletzt überarbeitet im Jahr 2022, ist kein Vorschlag, sondern die anerkannte Regel der Technik. Sie sagt genau, wie groß ein Bad sein muss, wie hoch die Toilette sitzen soll und wie rutschfest der Boden sein muss. Wer hier abweicht, baut nicht barrierefrei - er baut nur etwas, das vielleicht „ein bisschen besser“ ist.
Die Mindestfläche für ein rollstuhlgerechtes Bad beträgt 5,7 Quadratmeter. Bäder unter fünf Quadratmetern sind zwar mit Haltegriffen und einem erhöhten WC „altersgerecht“ ausgestattet - aber sie sind nicht nutzbar mit Rollstuhl oder Rollator. Das ist ein entscheidender Unterschied. Viele Planer unterschätzen das. Sie denken, ein größerer Bodenbelag und ein Haltegriff reichen. Sie vergessen: Bewegungsflächen brauchen Platz. Und zwar nicht nur neben dem WC, sondern auch vor der Dusche, vor dem Waschbecken - und zwischen den Objekten.
Die wichtigsten Elemente eines barrierefreien Bades sind die Dusche, die Toilette und der Waschtisch. Jedes hat eigene Regeln - und viele Fehlerquellen.
Dusche: Sie muss bodengleich sein. Keine Stufe, kein Übergang. Die Fläche muss mindestens 120 x 120 cm groß sein - besser aber 150 x 150 cm. Warum? Weil man sich nicht nur hineinsetzen, sondern auch drehen, sich abstützen und den Körper waschen muss. Der Boden muss rutschhemmend sein - mindestens Bewertungsklasse B nach GUV-I 8527. Das ist kein „gutes Gefühl“, das ist eine Prüfnummer. Und die Duschöffnung? Mindestens 80 cm breit, ideal 90 cm. Wer hier spart, verhindert, dass jemand mit Rollator oder Begleitung hineinkommt.
WC: Die Sitzhöhe muss zwischen 48 und 50 cm liegen. Zu niedrig? Dann ist das Aufstehen eine Kraftanstrengung. Zu hoch? Dann sitzt man unangenehm. Seitlich muss mindestens 70 cm Platz sein - für das Umsteigen vom Rollstuhl. Aber Vorsicht: Die Norm sagt 70 cm. Viele Menschen mit größeren Körpermaßen brauchen 85 cm. Die Norm ist ein Minimum - nicht ein Ideal. Und der WC-Sitz? Ein höhenverstellbarer Sitz ist praktisch, aber viele Modelle halten nicht lange. Nach 18 Monaten ist die Mechanik kaputt. Kaufen Sie nur solche, die für täglichen Gebrauch ausgelegt sind.
Waschbecken: Es muss unterfahrbar sein. Wer im Rollstuhl sitzt, kommt sonst nicht ran. Die Kante sollte nicht höher als 75 cm sein. Darunter braucht es mindestens 65 cm Freiraum für die Knie. Die Armatur? Nur Thermostatarmaturen. Keine einfachen Mischbatterien. Warum? Weil Menschen mit Demenz oder eingeschränkter Koordination das heiße Wasser leicht aufdrehen können. Eine Thermostatarmatur hält die Temperatur auf 38 °C - und verhindert Verbrühungen. Das ist kein Luxus, das ist ein Lebensretter.
Haltegriffe sind das, was viele vergessen - und was am häufigsten falsch installiert wird. Sie müssen an den richtigen Stellen sein: neben dem WC, in der Dusche, am Waschbecken. Und sie müssen stabil sein. Nicht irgendein Kunststoffgriff, der sich löst. Sondern ein fester Haltegriff, der mindestens 150 kg trägt. Die meisten Griffe werden zu hoch oder zu weit von der Wand entfernt montiert. Die ideale Höhe liegt bei 70 bis 80 cm. Aber: Sie müssen an tragfähigen Wänden befestigt werden - nicht an trockenbaulichen Trennwänden. Das ist ein häufiger Fehler bei Sanierungen.
Der Bodenbelag ist nicht nur ein Designelement. Er muss fest verlegt sein - keine losen Fliesen, keine Unebenheiten. Und er muss rutschfest sein. Im Duschbereich ist das besonders wichtig. Die Bewertungsklasse B ist die Mindestanforderung. Aber viele Hersteller bieten jetzt Klasse C an - das ist noch sicherer. Und: Kontraste helfen. Ein dunkler Boden mit hellem WC oder eine hellgraue Duschwand mit dunklem Rand - das erleichtert das Sehen für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen oder Demenz. Das ist kein Detail. Das ist Teil der Norm.
Ein barrierefreies Bad ist nicht nur für den Körper, sondern auch für den Geist. Die Beleuchtung ist oft zu schwach. Die Norm sagt nichts dazu - aber die Praxis sagt: Jede Ecke muss gut ausgeleuchtet sein. Keine Schatten, keine Dunkelzonen. Besonders wichtig: Spiegel und Waschbeckenbereich. LED-Leisten hinter dem Spiegel oder unter dem Waschbecken sorgen für gleichmäßiges Licht. Und Ablagen? Sie müssen im Greifbereich sein - maximal 110 cm Höhe. Wer sich bücken muss, um die Zahnbürste zu holen, hat kein barrierefreies Bad. Ein Regal mit Körben oder eine Nische neben dem WC ist ideal. Und: Alles muss leicht zu reinigen sein. Keine Ecken, in denen sich Schmutz sammelt.
Ein barrierefreier Badumbau kostet im Durchschnitt 18.500 Euro. Aber das ist nur ein Mittelwert. Die Spanne reicht von 12.000 bis 35.000 Euro. Der größte Kostentreiber ist die bodenebene Dusche - allein 4.500 Euro. Warum so viel? Weil der Untergrund abgesenkt werden muss, die Abdichtung perfekt sein muss, und der Bodenbelag speziell ist. Dazu kommen die Sanitärkeramik, die speziellen Armaturen, die Haltegriffe, die Beleuchtung - und die Arbeit.
Glücklicherweise gibt es Förderung. Die KfW bietet zwei Programme: KfW 455 mit bis zu 6.240 Euro Zuschuss für altersgerechte Umbauten - und KfW 159 mit bis zu 5.000 Euro für Menschen mit Behinderung. Beide sind unabhängig voneinander nutzbar. Aber: Sie müssen vor Baubeginn beantragt werden. Keine Nachträge. Und die Anträge sind kompliziert. Holen Sie sich Unterstützung von einem zertifizierten Planer. Die meisten Sanitärunternehmen kennen die Anforderungen nicht. Suchen Sie nach einem Unternehmen mit Zertifizierung nach DIN 18040-2.
Studien zeigen: Die meisten Probleme entstehen nicht durch schlechte Materialien, sondern durch schlechte Planung.
Die DIN 18040-2 wird 2024 überarbeitet. Der Fokus liegt jetzt auf Menschen mit kognitiven Einschränkungen - also Demenz, Parkinson oder Schlaganfall. Das bedeutet: Die Armaturen müssen intuitiv bedienbar sein. Keine komplizierten Knöpfe. Keine mehrfachen Schritte. Eine neue Technik, wie die „Care Shower“ von Grohe, startet 2023. Sie schaltet das Wasser automatisch ab, wenn jemand zu lange steht, und sendet einen Notruf. Das ist noch Premium, aber es wird sich durchsetzen.
Materialien werden besser. Kaldewei hat eine Oberfläche namens „Secure Plus“ entwickelt - sie reduziert Keime um 99,9 %. Das ist nicht nur hygienisch, es ist auch beruhigend für Menschen, die Angst vor Bakterien haben.
Und die Nachfrage wächst. In Deutschland sind bereits 20,3 % der Bevölkerung über 65. Bis 2040 wird es 28 % sein. Das bedeutet: Barrierefreiheit ist keine Nische mehr. Sie wird zur Standardanforderung. Wer heute baut oder renoviert, sollte nicht nur an heute denken. Sondern an morgen.
Ein barrierefreies Bad ist kein Luxus. Es ist eine Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Es braucht keine großen Veränderungen - nur die richtigen Details. Und sie sind leicht umzusetzen, wenn man weiß, worauf es ankommt.
Mär 12 2025
Okt 4 2024