Ein Dach, das schon 30 Jahre steht, soll jetzt Solarstrom liefern. Klingt einfach - ist es aber nicht. Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 1,8 Gigawatt Photovoltaik auf Bestandsdächern installiert. Doch fast jeder achte dieser Projekte scheitert nicht an der Technik, sondern an der Statik. Die Module sind schwer. Das Dach ist alt. Und wer die Kabel nicht richtig legt, riskiert Feuchtigkeit, Korrosion und sogar einen Brand. Wenn Sie Ihre bestehende Dachfläche für Solar nutzen wollen, müssen Sie drei Dinge perfekt machen: Statik, Dachhaut und Kabelwege.
Photovoltaik-Module wiegen zwischen 13 und 33 Kilogramm pro Quadratmeter. Das klingt nicht viel - aber verteilt über 50 Quadratmeter Dachfläche ergibt das bis zu 1.650 Kilogramm Zusatzlast. Das ist wie ein Kleinwagen, der auf Ihrem Dach parkt. Und das ist nur das Eigengewicht. Dazu kommen Schnee, Wind und die Last der Unterkonstruktion.
Ein neues Dach ist dafür ausgelegt. Ein altes? Nicht immer. Laut dem Bundesverband Solarwirtschaft haben 78 % der Gebäude, die vor 1970 gebaut wurden, eine Dachkonstruktion, die nicht für PV ausgelegt ist. Ohne Prüfung riskieren Sie Risse in der Decke, durchgebogene Sparren oder im schlimmsten Fall einen Einsturz. 2010 wurde eine Berliner Schulturnhalle gesperrt, weil eine Solaranlage die Tragfähigkeit überlastete. Das ist kein Einzelfall.
Die Regel ist einfach: Wenn Ihr Dach älter als 25 Jahre ist, brauchen Sie ein statisches Gutachten. Nicht von Ihrem Installateur. Von einem zertifizierten Statiker. Die Norm EN 1991 sagt klar: Wind- und Schneelasten müssen mit der PV-Last kombiniert berechnet werden. Und das ist kein Standardfall. Schnee auf einem Dach mit Solarpanelen verhält sich anders als auf einem leeren Dach. Er sammelt sich an den Rändern, staut sich, drückt. Prof. Dr. Martin Kuhn vom Fraunhofer ISE sagt: "Die meisten Schäden entstehen durch die Kombination aus Schnee, Wind und Eigenlast."
Die Faustregel: Ein Dach braucht mindestens 25 kg/m² Lastreserve. Moderne Module wiegen oft nur 13-18 kg/m² - das ist gut. Aber die Unterkonstruktion, die Montageschrauben, die Kabeltrassen - das addiert sich. Ein seriöser Installateur rechnet alles zusammen. Und wenn die Reserve nicht reicht? Dann muss verstärkt werden. Sparren nachträglich verstärken, neue Träger einbauen, Holz ersetzen - das kostet zwischen 1.500 und 8.000 €, je nach Größe und Zustand. Aber es ist billiger als ein Dacheinsturz.
Die Dachhaut ist Ihr Schutz gegen Regen, Schnee und Kälte. Sie ist nicht dafür gemacht, dass man sie mit Bohrungen, Schrauben und Dichtungen belastet. Jede PV-Unterkonstruktion muss durch die Dachhaut führen. Und jede Durchdringung ist ein potenzieller Eintrittspunkt für Feuchtigkeit.
Bei Flachdächern wird oft eine Ballastierung verwendet - also Module auf Betonblöcken. Das ist einfach, aber nicht immer erlaubt. Bei Schrägdächern wird die Unterkonstruktion direkt in die Sparren geschraubt. Hier ist die Dachhaut am meisten gefährdet. Wer hier nicht fachgerecht arbeitet, hat in 3-5 Jahren Feuchtigkeitsschäden, Schimmel, verfaultes Holz.
Die Regeln sind klar: Alle Durchführungen müssen mit speziellen Dichtungen abgedichtet werden - nicht mit Silikon, das nach ein paar Jahren spröde wird. Sondern mit geprüften Dachdurchführungen, die vom Hersteller für die jeweilige Dachform zugelassen sind. Bei Schiefer, Ziegel oder Bitumen-Schindeln gibt es unterschiedliche Lösungen. Ein guter Installateur zeigt Ihnen, welche Dichtung für Ihr Dach geeignet ist. Und er dokumentiert es.
Und dann gibt es die Altlasten. Asbest. Alte Dachbahnen. Giftige Anstriche. Bevor Sie überhaupt anfangen, muss das Dach auf Schadstoffe geprüft werden. Das ist Pflicht. Und teuer - aber noch teurer wäre es, wenn Sie später beim Abriss oder Sanieren plötzlich mit Asbest konfrontiert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Überwachung (DGTÜ) schreibt: "Keine PV-Installation ohne vorherige Schadstoffprüfung."
Kabel sind das Nervensystem Ihrer PV-Anlage. Sie leiten Strom - und wenn sie falsch verlegt sind, können sie auch Feuer bringen. Die meisten Probleme entstehen nicht an den Modulen, sondern an den Kabeln. 42 % der defekten PV-Anlagen auf Bestandsdächern haben korrodierte oder feuchtigkeitsgeschädigte Kabel. Warum? Weil sie nicht in Schutzrohren verlegt wurden.
Die Kabel müssen von den Modulen zur Wechselrichter-Station laufen. Meist durch den Dachfirst, über die Dachrinne oder durch die Außenwand. Wo sie durch Holz, Dämmung oder Metall führen, müssen sie geschützt sein. Nicht mit Klebeband. Mit stabilen, witterungsbeständigen Schutzrohren aus PVC oder Edelstahl. Und sie müssen entwässern können. Kein Kabel darf in einer Senke liegen, wo Wasser sich sammelt.
Und die Verlegung: Nie einfach über das Dach gezogen. Nie mit Metallclips, die die Dachhaut beschädigen. Immer entlang der Dachsparren, mit speziellen Kabelhaltern, die keine Punktlasten erzeugen. Die Kabel müssen auch vor mechanischer Beschädigung geschützt sein - etwa durch Vögel, die sie anknabbern, oder durch Schnee, der sich an den Kabeln festsetzt.
Ein weiterer Fehler: Die Kabel werden zu kurz geschnitten. Dann muss man sie verlängern. Und das ist gefährlich. Jede Verbindung ist ein Risiko. Besser: Kabel so lang wie nötig, aber nicht kürzer. Der Installateur sollte die komplette Strecke vom Modul bis zum Wechselrichter im Voraus planen - mit Reserve.
Die PV-Anlage selbst kostet heute durchschnittlich 1.480 € pro Kilowattpeak. Aber das ist nur der Anfang. Die statische Prüfung kostet zwischen 300 und 1.000 €. Die Dachhautsanierung, wenn sie nötig ist, kann 2.000 bis 10.000 € kosten. Die Kabelverlegung mit Schutzrohren und korrosionssicheren Materialien addiert 500 bis 1.500 €. Und wenn Sie verstärken müssen? Dann können die Kosten um bis zu 18 % steigen - wie ein Nutzer im PV-Forum berichtete, der sein 40-jähriges Dach sanieren musste.
Das ist viel. Aber es gibt Hilfe. Seit 1. Januar 2024 gibt es das "Bestandsdachförderprogramm" der Bundesregierung. Sie bekommen bis zu 1.500 € Zuschuss, wenn Sie statische Maßnahmen durchführen. Und viele seriöse Anbieter bieten die statische Prüfung bereits im Gesamtpreis ein. 68 % der positiven Bewertungen auf Google erwähnen genau das: "Keine versteckten Kosten. Alles im Preis.“
Ein Beispiel aus München: Ein Haus aus den 1950ern mit Schieferdach. Der Installateur verwendete leichte Module (13,2 kg/m²), vergrößerte die Abstände zwischen den Modulen, um die Last zu reduzieren, und nutzte eine spezielle Unterkonstruktion, die die Last gleichmäßig auf mehrere Sparren verteilt. Die statische Prüfung ergab: 15 kg/m² Reserve - knapp, aber ausreichend. Die Dachhaut wurde an den Durchführungen neu abgedichtet. Die Kabel liefen in Edelstahlrohren entlang der Sparren. Die Anlage läuft seit 18 Monaten - ohne Probleme.
Wenn Sie eine PV-Anlage auf Ihrem Bestandsdach installieren wollen, folgen Sie diesen fünf Schritten:
Die Zukunft der Energie liegt auf den Dächern. Aber nur, wenn sie sicher sind. Ein PV-Dach ist kein Aufkleber. Es ist eine technische Einrichtung, die das ganze Gebäude beeinflusst. Wer das ignoriert, spielt mit Feuer - buchstäblich.
Nur, wenn Ihr Dach eine ausreichende Lastreserve hat. Moderne PV-Module wiegen 13-20 kg/m². Ein Dach aus den 1960er-Jahren ist oft nur mit 5-10 kg/m² Lastreserve ausgelegt. Ohne Prüfung ist das riskant. Ein Statiker berechnet die tatsächliche Tragfähigkeit. Wenn die Reserve nicht reicht, gibt es keine Ausnahme - Sie müssen verstärken.
Für ein typisches Einfamilienhaus mit Schrägdach liegen die Kosten zwischen 500 und 900 €. Bei Flachdächern oder komplexen Konstruktionen kann es bis zu 1.200 € kosten. Viele seriöse PV-Installateure schließen diese Prüfung in ihren Gesamtpreis ein - fragen Sie danach. Wer extra dafür abrechnet, sollte skeptisch gemacht werden.
Kabel, die offen auf dem Dach liegen, werden durch Sonne, Kälte, Schnee und UV-Licht beschädigt. Sie werden spröde, reißen, lecken Strom. Außerdem können Vögel sie anknabbern, Schnee sie beschädigen oder Wind sie abreißen. Die Norm verlangt Schutzrohre aus PVC oder Edelstahl. Sie schützen die Kabel und verhindern, dass Feuchtigkeit eindringt - und damit Kurzschlüsse oder Brände.
Beides hat Vor- und Nachteile. Flachdächer erlauben größere Anlagen und einfachere Montage, aber sie brauchen Ballast oder spezielle Aufständerungen - das erhöht die Last. Schrägdächer nutzen die natürliche Neigung, sind aber anfälliger für Windlasten und erfordern eine sichere Verankerung in die Sparren. Statistisch sind Schrägdächer sicherer, weil sie die Last besser verteilen. Aber bei Flachdächern ist die statische Prüfung immer Pflicht - sie wird oft vernachlässigt.
Moderne Module aus Glas-Polymer-Komposit oder dünnschichttechnologie wie CIGS wiegen nur 12-14 kg/m² - das ist bis zu 30 % leichter als herkömmliche Module. Hersteller wie S:FLEX oder Solarwatt bieten spezielle "Leichtbau-Module" für Bestandsdächer an. Auch die Unterkonstruktion spielt eine Rolle: Systeme, die die Last über mehrere Sparren verteilen, reduzieren die Punktlast erheblich. Fragen Sie nach diesen Optionen - sie machen den Unterschied.